Bou ist ein mittelgroßer Hovawart vom kräftigen Typ mit wunderschönem, weichem und glänzendem Fell und kompletter Markenzeichnung. Noch wichtiger für uns ist aber sein freundlicher, gutmütiger und sehr geduldiger Charakter. Er ist grenzenlos neugierig auf Menschen, auch auf Kinder, und begrüßt jeden begeistert, wenn er darf. Dabei kann er selbst hundeängstlichen Menschen vermitteln, dass er nichts Böses im Sinn hat. Auch lässt er sich von jedem anfassen und streicheln.

Wir waren einige Male auf dem Pausenhof der Grundschule, und jedes Mal hat sich ein Knäuel Kinder um Bou gebildet, die ihn um die Wette gestreichelt haben. Das ließ er sich auch gerne gefallen und hat seinerseits versucht, möglichst viele Gesichter abzuschlecken. Oder ein Pausenbrot zu klauen. Nur vielstimmiges Kreischen in hohen Tonlagen mochte und mag er nicht, da fragt er dann bei mir an, ob wir nicht gehen können. Aber das geht mir schließlich genauso.

Inzwischen hat Bou mit mir eine Ausbildung zum Therapiehund, genauer Besuchshund, gemacht. Wir besuchen jetzt den Kindergarten, denn die größeren Schulkinder haben sich oft gar nicht für Bou interessiert und wollten in der Pause lieber toben. Aber im Kindergarten ist das noch ganz anders, und das gefällt Bou sehr. Er bekommt die Leckerlis, die die Kinder für ihn erspielen oder erarbeiten, und bleibt dabei immer in Blickweite neben mir liegen. Ab und zu gehen wir auch gemeinsam spazieren, dann läuft Bou frei und die Kinder können ihn beobachten und selbst entscheiden, wie nahe sie ihm kommen wollen oder nicht. Am Ende des Besuchs dürfen sie ihn immer auch streicheln oder ihm ein Leckerli geben, wenn sie wollen. Und ich beobachte, dass nach einiger Zeit selbst Kinder, die anfangs Angst hatten, sich von der Seite an Bou herantrauen und ihn ganz kurz mal am Rücken streicheln. Die Kinder freuen sich immer schon sehr auf Bou und Bou ist immer ganz begeistert, wenn ich die Kindergartentasche packe und ihm sein Besuchs-Halstuch umbinde. Allerdings hat Corona eine lange Pause bewirkt, und jetzt im Senioren-Alter habe ich den Eindruck, dass Bou keine Lust mehr hat auf Kindergarten-Besuche, das wird ihm zu anstrengend, glaube ich. So ist er jetzt eben "nur" Familienhund und "erzieht" fröhlich seine Menschen, indem er sich immer neue Spirenzchen einfallen lässt und die dfnn durchzusetzen versucht.


Klaras Freundinnen werden begeistert in den Garten gelassen (neue "Opfer" zum Abschlecken!!!) und dürfen Bou sogar beim Fangenspielen am Schwanz ziehen oder ihm seinen Knochen wegnehmen, alles kein Problem. Natürlich dürfen sie auch streicheln bis zum Umfallen. Bei wilden Tobespielen muss allerdings damit gerechnet werden, dass Bou mitspielt oder für Ordnung sorgt.

Überhaupt gibt es eigene "Hovawart-Gartenregeln": dazu gehört, dass Erwachsene grundsätzlich nicht aufs Trampolin dürfen, Fangen nur in der Variante "Alle-fangen-den-Hund" gespielt wird und Schlittenfahren auch vom Kind indiskutabel ist. Und wenn die Chefin die Grabegabel ansetzt, ist ja wohl klar, wer weitergräbt...

 

Bou ist ein sehr aufmerksamer Bewacher seines Gartens und der ganzen Straße. Dabei bleibt er aber gelassen und souverän. Autos, Fahrradfahrer, Jogger und Spaziergänger auf dem nahen Radweg dürfen unkommentiert, aber nicht unbeobachtet vorbei. Unbekannte Personen direkt am Zaun werden nach geheimen Kriterien  manchmal verbellt, manchmal auch nicht. Wer klingelt und reingelassen wird, muss sich auf eine freudige Begrüßung einstellen, und zwar auch, wenn er vorher wild verbellt wurde.

 

Katzen haben in seinem Garten nichts zu suchen, genauso wie Igel. Und Amseln und Krähen sind überhaupt nicht erlaubt, Bou ist das einzige schwarze Tier in seinem Garten, damit das mal klar ist! Eine Ausnahme macht er selbstverständlich für Hovawartdamen, die dürfen natürlich immer zu Besuch kommen...

Vom ersten Tag an hatte Bou seine eigenen Vorstellungen,  und er hat auch schnell gelernt, wie er diese durchsetzen kann. So wollte er keinesfalls nachts zur Verrichtung eines Geschäfts nach draußen; und wann der Spaziergang zu beenden ist, hat er als Welpe durch Sitzstreik mitgeteilt. Schon in der ersten Woche bei uns ist Bou auch lieber allein zu Hause geblieben, als mit mir Auto zu fahren. Irgendwann hat er aber doch kapiert, dass man im Auto auf jeden Fall dabei ist und nicht zurückgelassen werden kann. Insbesondere wenn Koffer gepackt werden, sitzt er deshalb inzwischen sofort im Kofferraum, wenn die Heckklappe sich öffnet.
Als ich anfing, zusätzlich zu zwei Spaziergängen am Tag auch noch mit ihm Fahrrad zu fahren, hat Bou eifrig seinen Dickkopf mit meinem gemessen, um diesen seiner Meinung nach unnötigen "Sport" zu verhindern. Er ist sogar einfach umgekehrt und hat ausprobiert, ob seine Chefin auch alleine radelt. Mittlerweile hat Bou aber nicht nur seinen Widerstand aufgegeben, sondern besteht sogar mittags auf dem Fahrradfahren mit mir. Und Herrchen darf das inzwischen auch, wenn er mal Zeit hat. Nur bei großer Hitze und starkem Regen hat er keine Lust dazu. Dann habe aber meistens auch ich keine Lust zum Radfahren und lasse es deshalb bereitwillig sein. Man muss aber erst mit Bou rausgehen, weil er fürchterlich drängelt, und ihn selbst feststellen lassen, dass das Wetter nicht toll ist, danach gibt er Ruhe.

Übrigens kann man auch nicht die normale Morgenrunde laufen, wenn seine beste Freundin Kaja nicht dabei ist (wenn es nach Bou geht...). Dann schaut er alle paar Schritte nach hinten, ob sie noch kommt, bleibt dann stehen und fordert zum Umkehren auf. Er möchte schon seine Bewegung, aber ohne Kaja muss wenigstens der Weg interessant sein und nicht der gleiche wie jeden Tag. Mittags zum Radfahren und abends dann bitte jeweils andere Wege, sonst wird es ja langweilig (Ausnahme selbstverständlich: läufige Hündin auf dem Weg, dann geht man ihn auch dreimal am Tag...). Man kann auch nicht einfach die Radstrecke morgens laufen wollen (und dann noch mit Holly!), da bleibt Bou stehen und streikt.

 

Wenn Bou etwas oder jemanden  nicht mag, kann er sehr konsequent sein. Nach Stromschlägen am Zaun hatte ich viel Arbeit, um wieder normal an Hühnern und Pferden vorbeizugehen. Im Reitstall fühlt Bou sich immer noch nicht wohl, geht aber mit seinem Frauchen mit, wenn es sein muss. Auch auf Straßen mit vielen schnell fahrenden Autos oder bei LKW wird es schwierig, nachdem einmal ein Auto seine Nase touchiert hat.

Weil er als Welpe in Nachbars Goldfischteich gefallen ist, geht er nur noch so weit ins Wasser, wie er noch Grund unter den Pfoten hat. Wellen (wie in der Nordsee) sind ihm überaus suspekt, da bleibt er lieber ganz vom Wasser weg.

Stolz bin ich auf ihn, weil er seine Angst vor Silvesterknallerei (und Schüssen!!!) in der Hundeschule überwunden hat - dafür kann er jetzt die Hundetrainerin nicht mehr leiden und rennt zum Auto, wenn er sie sieht. Tja, so ist das Leben! Leider ist das nicht so geblieben, inzwischen hat Bou regelrecht Panik, wenn das Feuerwerk losgeht, liegt am ganzen Körper zitternd im hintersten Zimmer bei geschlossenen Jalousien und braucht Therapie-Streicheleinheiten von der Chefin.

 

An und mit Bou lerne auch ich noch wahnsinnig viel, natürlich alles was das Züchten betrifft, aber auch, dass man sich keineswegs toll mit Hunden auskennt, nur weil die Eltern Hunde hatten. Da hätte ich schon beim Welpen vieles anders und besser machen können (sorry, Bou!) und kann von Glück sagen, dass mein Hund mir das nicht übel genommen hat. Keineswegs selbstverständlich bei einem Hovawart!

 

Dass Bou zu seinem sechsten Geburtstag einen Welpen bekommen hat, fand er komplett überflüssig. Er hat auch eine ganze Zeit lang gebraucht, um den Verlust seiner Prinzenstellung in der Familie zu verkraften. Deshalb war er anfangs einfach nur genervt und hat Leon ordentlich eingeschränkt. Nach einem halben Jahr hat Bou  dann aber doch erkannt, dass es im Rudel vielleicht gar nicht so schlecht ist. So hat man jetzt immer jemanden zum Toben und Raufen, das ist besondern nach dem Verlust seiner Kumpeline Kaja nicht unwichtig. Er hat Leon mit der typischen Therapiehund-Gelassenheit erzogen und zieht es meistens vor, nachzugeben, statt für jede Kleinigkeit Aufstand zu machen. Einige wenige Dinge sind allerdings seine, da gibt es dann auch keine Diskussionen, und gelegentlich wird der Ton beim Raufen schärfer und damit auch für  inzwischen erwachsene Hovis ganz klar, wer hier Chef ist.

Bou hat sich aber auch deutlich mehr an seine Chefin geschlossen, manchmal lehnt er sogar eine Streicheleinheit von Klara ab, von mir aber nicht. Die Hundeverteilung ist in seinen Augen Bou-Chefin und Leon-Klara.

Wenn wir mit Leon trainieren, macht Bou mit großer Begeisterung mit und man merkt ihm an, wie gut es ihm tut, geistig gefordert zu werden. Bou freut sich jedesmal riesig und deutlich sichtbar, wenn er etwas richtig gemacht oder eine Aufgabe verstanden hat. Dann wedelt er mit dem Schwanz und lacht über das ganze Hundegesicht. Da haben wir wohl was verschlafen in der Zeit zwischen Bous Jugend und Leon. Sehr gut kann er seinen Menschen klar machen, dass er jetzt Training oder andere Beschäftigung möchte, und freut sich riesig, wenn das geklappt hat... Zu seinen besonderen Fähigkeiten gehört auch, Aufgaben wie "hol mal die Klara" zu verstehen und umzusetzen, darin hat er wahre Meisterschaft entwickelt.

Inzwischen ist er ein älterer Herr, aber mit seinen 10 Jahren immer noch klar Chef im Garten. Gelegentlich tut ihm die Pfote weh, springen kann er auch nciht mehr so gut, deshalb kommt beim Ein- und Aussteigen im Auto jetzt eine Rampe zum Einsatz. Außerdem will Bou nicht mehr so oft und viel mit Leon toben und raufen. Anders als wir kann er das glasklar kommunizieren, dann lässt Leon seine Energie eben an den Menschen ab. Dass wir dann mit Leon spielen, ist aber auch nicht recht und weckt den Clown im Senior: oft bringt Bou dann ein Spielzeug und drängt sich damit in den Vordergrund. Daraus hat sich die Variante "Rennen mit Mensch" entwickelt: hin und her im Garten, die Chefin (oder am Wochenende, wenn sie zu Hause ist, auch Klara) vorneweg, Leon eifrig, Bou gemütlich hinterher. Natürlich nur für Leckerli, und zwar auch nur für Kaninchenstückchen, für einfache Keksis macht Bou doch keinen Sport, was denkt die Chefin denn!?